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So verändert sich der Verkauf von fairen Produkten in den Ländern des globalen Südens

Fairtrade-Produzent:innen erweitern ihre Geschäftsmodelle, um ihre Fairtrade-Produkte auf den eigenen lokalen Märkten zu vertreiben.

Die Nachfrage nach Fairtrade-Produkten in den Ländern, in denen die Produkte angebaut werden, hat sich in der Vergangenheit langsamer entwickelt als beispielsweise in Ländern in Europa, die vor mehr als 30 Jahren mit dem Import von Fairtrade-Produkten begonnen haben.

Um die Entwicklung voranzutreiben erweitern Fairtrade-Kooperativen ihre Geschäftsmodelle und nutzen das Interesse der Konsument:innen in ihren eigenen Ländern und Regionen effektiver. Mit dem Wachstum einer Mittelschicht in vielen ehemals einkommensschwächeren Ländern sucht eine neue, auf Nachhaltigkeit bedachte Generation nach verantwortungsvoll produzierten Waren als Teil ihres täglichen Einkaufs.
 

Von der Landwirtschaft zum Markenaufbau

Viele Kooperativen haben in Ausrüstung investiert und das Know-how entwickelt, um die Ernte ihrer Mitglieder selbst zu verarbeiten oder sogar ihre eigenen marktfähigen Produkte zu verpacken und zu vermarkten. Diese Wertschöpfung bringt der Kooperative ein höheres Einkommen - und damit den Bäuer:innen einen grösseren Nutzen - als der einfache Verkauf ihrer Ernte in Rohform.

Ein Beispiel ist COAGRICSAL, eine Kaffeekooperative in Honduras, die einen Teil der Fairtrade-Prämie nutzte, um auch in den Kakaoanbau einzusteigen. Sie baute eine eigene Fabrik, die von Frauen aus der Gemeinschaft betrieben wird, und vertreibt Schokolade unter dem Markennamen Xol.

Auch das Produzentennetzwerk Fairtrade Africa unterstützt eine Reihe von Erzeugerorganisationen in seiner Region bei der Aufwertung ihrer Produkte. So hat Fairtrade Africa Kooperativen in Kenia, Ghana, Côte d'Ivoire und Eswatini in Kaffeeröstung, Teemischung, Schokoladenherstellung, Wertschöpfung von Sheabutter, Chili und Honig geschult. Die Schulungen umfassten auch die Themen Unternehmensführung, Finanzmodellierung, Marktplanung und Management der Unternehmensleistung. Bis Anfang 2024 wurden fünf Teemarken, drei Schokoladenmarken und drei Kaffeemarken auf Märkten wie Kenia, Côte d'Ivoire und Ägypten verkauft, und weitere werden folgen.


Produkte in die Regale bringen

Die Sensibilisierung für Fairtrade erweist sich auf den sich entwickelnden Märkten als schwieriger als auf den etablierten Märkten, auf denen die Vertrautheit mit Nachhaltigkeitssiegeln im Laufe der Zeit zugenommen hat.

Deshalb hat Fairtrade India in den letzten fünf Jahren daran gearbeitet, das Bewusstsein der indischen Konsument:innen für Fairtrade und nachhaltigen Konsum deutlich zu steigern und mehr lokale Marken zu ermutigen, Fairtrade-zertifizierte Produkte anzubieten. Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union begannen diese Bemühungen im Jahr 2018 mit Produkten aus den Bereichen Lebensmittel und Mode und wurden unter dem Namen «Switch Asia» mit Schwerpunkt auf dem Textilsektor fortgesetzt.

Dank einer weiteren Partnerschaft in Sri Lanka mit dem italienischen Aussenministerium arbeitete eine Gruppe von Produzent:innenorganisationen für Gewürze, Kokosnüsse und Früchte mit Fairtrade NAPP zusammen, um Geschäftsbeziehungen zu grossen Supermärkten und Unternehmen aufzubauen, die daran interessiert sind, Fairtrade-Zutaten in ihre Produkte zu integrieren. Vier srilankische Unternehmen verkaufen inzwischen Produkte mit dem Fairtrade-Lebel, darunter die Marken Bee Natural, MAP und World of Organic. Auch die Supermarktkette Spar und touristische Einrichtungen im Süden Sri Lankas führen jetzt diese Produkte. Die Bürger:innen Sri Lankas wurden durch eine Marketingkampagne mit digitalen Anzeigen, sozialen Medien, lokalen Rundfunksendungen und Aussenwerbung wie Schildern und Plakaten über diese lokal erzeugten Fairtrade-Produkte informiert.

Eintreten für eine nachhaltige Politik

Fairtrade-Produzent:innen engagieren sich nicht nur in Initiativen zur Beeinflussung der Vorschriften von Ländern, die Fairtrade-Produkte importieren, sondern setzen sich auch in ihren eigenen Ländern für eine Politik ein, die nachhaltige Produktion und nachhaltigen Konsum fördert.

Alle drei Fairtrade-Produzentennetzwerke in Lateinamerika, Afrika und Asien verfügen über solide Interessenvertretungsstrategien, die darauf abzielen, Verbindungen zu politischen Entscheidungsträgern in ihren Regionen aufzubauen und Unterstützung für politische Massnahmen zu gewinnen, die eine nachhaltige Landwirtschaft fördern und Fairtrade-Bäuer:innen und -Arbeiter:innen zugute kommen.

Bewusstsein und Nachfrage von Konsument:innen

Damit Fairtrade zu einem Teil der alltäglichen Nachhaltigkeitsentscheidungen der Menschen wird, müssen sowohl die Produkte in den Regalen verfügbar sein als auch die Käufer:innen für die Vorteile von Fairtrade sensibilisiert werden. Und das ist ein positiver Kreislauf, da die Geschäfte ihren Bestand an nachhaltigen Produkten erhöhen, wenn ihre Kund:innen sie nachfragen.

Angesichts der Verzögerung beim Angebot nachhaltiger Produkte ist das Bewusstsein der Bürger:innen für nachhaltige oder ethische Produkte in den Ländern des gobalen Südens jedoch oft geringer.

In Kenia ergab eine Verbraucherstudie von Fairtade Africa aus dem Jahr 2021, dass 42 Prozent der Befragten angaben, nachhaltige oder ethische Produkte zu kennen. Von denjenigen, die solche Produkte kannten, gaben 30 Prozent an, dass sie sie schon einmal gekauft hätten. Im Gegensatz dazu konnten sich in einer von GlobeScan im Auftrag von Fairtrade Anfang 2023 durchgeführten Studie in 12 überwiegend europäischen und nordamerikanischen Märkten mehr als 80 Prozent der Befragten an ein ethisches Label erinnern, gegenüber 75 Prozent im Jahr 2019. Von denjenigen, die das Fairtrade-Siegel speziell kannten, gaben 87 Prozent an, dass sie mindestens einmal pro Halbjahr ein Fairtrade-Produkt kaufen.

Die Zukunft des nachhaltigen Konsums
 

Von der Entwicklung ihrer eigenen Marken über den Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen Geschäftsentwicklung und Marketing bis hin zur Förderung der nächsten Generation nachhaltiger Käufer:innen schaffen Fairtrade-Bäuer:innen und -Produzentenorganisationen Mehrwert und steigern ihre Einnahmequellen.

Während die Fairtrade-Produzenten Massnahmen ergreifen, um den sich entwickelnden Nachhaltigkeitsanforderungen internationaler Käufer:innen und Regierungen gerecht zu werden, sind sie auch in der Lage, die Messlatte im ihren eigenen Ländern höher zu legen, da sie ihre Produkte und ihr Know-how auch vor Ort anbieten.

Das Wachstumspotenzial für nachhaltige Produktion und nachhaltigen Konsum in den Ländern in Lateinamerika, Asien und Afrika ist vielversprechend - und die Fairtrade-Produzent:innen sind Vorreiter.